Gemeinschaftsgeschmacksmuster (nicht eingetragenes)
Wenngleich noch immer weitgehend unbekannt, existiert seit etlichen Jahren ein weiteres Schutzrecht für Gestaltungsergebnisse, welches durch die Verordnung (EG) Nr. 6/2002 geschaffen wurde. Neben dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird durch die Verordnung auch ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster ermöglicht, welches ohne Anmeldung und Verwaltungsakt seit dem 06. März 2002 innerhalb der gesamten Europäischen Gemeinschaft entstehen kann.
Ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster entsteht (sofern die materiellen Schutzvoraussetzungen erfüllt sind), indem das Muster innerhalb der Europäischen Gemeinschaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Der Entwerfer erhält damit allein durch Veröffentlichung und ohne dass er ein Anmeldeverfahren durchlaufen muss ein Schutzrecht für seine Gestaltung, welches ab dem Tag der ersten Veröffentlichung 3 Jahre gilt. Die Durchsetzung des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist nur gegen Nachbildungen des Muster möglich (d. h. Erzeugnisse, deren Gestaltung auf das Muster zurückgehen), während das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein ausschließliches Verbietungsrecht gewährt, d. h. auch gegen unabhängige Parallelgestaltungen durchgesetzt werden kann (vergleichbar dem Patent im technischen Bereich).
Den augenscheinlichen Vorteilen des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters für den Entwerfer stehen einige Problembereiche gegenüber, die auch von den „begünstigten“ Entwerfern nicht vergessen werden sollten.
Erstens ist zu bedenken, dass jeder Entwerfer bei Neugestaltungen auch die bereits existierenden Schutzrechte beachten muss, wenn er nicht Gefahr laufen will, solche Rechte zu verletzen und vom Rechtsinhaber in Anspruch genommen zu werden. Die nicht eingetragenen Geschmacksmuster lassen sich jedoch kaum recherchieren, da sie in keinem Register erfasst sind.
Zweitens mag es als erleichternd angesehen werden, dass ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster als Verbietungsrecht nur dann durchgesetzt werden kann, wenn „die angefochtene Benutzung das Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Musters“ ist.
Drittens ist es für den Inhaber des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters sehr ärgerlich, wenn er nach dem Ablauf der Schutzdauer von 3 Jahren feststellen muss, dass sein Produkt wirtschaftlich sehr erfolgreich ist, nun aber von jedem Dritten nachgebildet werden kann. Im Vergleich dazu hätte er mit dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster eine Schutzdauer von bis zu 25 Jahren erwerben können.
Für die Gestalter steht somit ein ohne Anmeldeverfahren und Kosten zu erwerbendes Schutzrecht für musterfähige Gestaltungen zur Verfügung, welches insbesondere für den Schutz der (ästhetischen) Gestaltung saisonaler, kurzlebiger Produkte neue Möglichkeiten eröffnet.