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Einheitspatent

Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) soll einen einheitlichen Patentschutz in den Ländern der EU schaffen. Das Einheitspatent ist aktuell noch nicht verfügbar und es wird (zunächst) auch nicht in allen EU-Staaten gelten. Obwohl die BREXIT-Entscheidung in Großbritannien zuletzt zu erneuter Verunsicherung über die Zukunft des Einheitspatents geführt hat – ohne Großbritannien kann das Einheitspatent nach der aktuellen Vertragslage nicht in Kraft treten – wurde von Großbritannien signalisiert, dass man das Abkommen ggf. noch in 2017 ratifizieren will. Möglich scheint ein Inkrafttreten des aus mehreren Gesetzeswerken bestehenden Regelungspakets daher in 2018. Ab dann wird das Einheitspatent schrittweise für die Länder verfügbar sein, in denen das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) Wirkungen entfaltet.

Bei der zu erwartenden langen Übergangszeit bis zu einem in allen EU-Mitgliedsländern verfügbaren Einheitspatent bleibt für den Anmelder der Trost einer engen Verzahnung zwischen Europäischem Patent und Einheits­patent. Das Anmelde- und Erteilungsverfahren läuft in jedem Fall unverändert vor dem Europäi­schen Patentamt (EPA) nach den bekannten Regeln des EPÜ bis zur Erteilung des Patents. Erst dann muss sich der Patentinhaber entscheiden, ob er das erhaltene Patent als Einheitspatent behandelt wissen will. Dies geschieht durch einen Antrag auf „einheitliche Wirkung“. In der Folge gilt das vom EPA erteilte Patent als Einheitspatent in denjenigen Staaten, die zum Zeitpunkt der Erteilung bereits den EPGÜ angehören. In allen anderen Ländern des EPÜ bleibt das Europäische Patent unverändert als „Bündelpatent“ erhalten und kann dort nach den bekannten Regeln in Kraft gesetzt werden.

Für den Patentinhaber ergeben sich gegenüber der aktuellen Situation folgerichtig durch das Einheitspatent Vorteile, die erst nach der Erteilung stehen. Anders als das Bündelpatent, welches in den Mitgliedsstaaten nationalen Vorschriften unterliegt und nur auf nationalem Wege durchgesetzt werden kann, entfaltet das Einheitspatent in den betroffenen Ländern einheitliche Schutzwirkungen und kann damit auch in einem einzigen Verfahren gegen potenzielle Verletzer geltend gemacht werden. Für Dritte ist es im Gegenzug möglich, dass Einheitspatent in nur einem Nichtigkeitsverfahren gerichtlich überprüfen und ggf. vernichten zu lassen. Für solche Nichtigkeitsverfahren wird eine Zentralkammer des neu zu schaffenden Einheitlichen Patentgerichts (EPG) zuständig sein, die je nach fachlichem Gebiet ihren Sitz in Paris, London oder München haben wird. Die Zentralkammer wird darüber hinaus auch für Streitigkeiten aus Bündelpatenten zuständig sein, wobei hier der Patentinhaber die Möglich­keit eines Ausschlusses dieser Zuständigkeit erhält (opt-out).

Die EU-Kommission hat vor allem eine deutliche Kostenersparnis als Ziel des Einheitspatents in den Vordergrund gerückt. Aus der Sicht von KMU ist dies leider nicht ohne weiteres zu erwarten. Da zunächst derselbe Anmelde- und Erteilungs­prozess wie beim Europäischen Patent durch­laufen wird, werden die Kosten bis zur Erteilung des Patents unverändert sein. Die Kosten für die Inkraftsetzung des erteilten Patents in den einzelnen Mitgliedsländern, die vor allem durch Übersetzungskosten bestimmt sind, haben sich in den letzten Jahren durch die Bestimmungen des Londoner Übereinkommens bereits deutlich reduziert. Beispielsweise müssen für ein in deut­scher Sprache erteiltes Europäisches Patent zur Inkraftsetzung in Frankreich und Großbritannien schon jetzt keine Übersetzungen mehr einge­reicht werden. Andererseits sind aktuell Überset­zungen erforderlich, wenn das Europäische Patent z. B. in Portugal in Kraft treten soll. Diese Kosten würden bei Wahl eines Einheitspatents tatsächlich entfallen.

Für eine Übergangsphase von mindestens 6 Jahren (bis zur Funktionsfähigkeit eines maschi­nellen Übersetzungssystems) muss allerdings bei Wahl des Einheitspatents in jedem Fall eine Übersetzung des vollständigen erteilten Patents angefertigt werden. Ist die Verfahrenssprache vor dem EPA Deutsch oder Französisch, so wird eine englische Übersetzung benötigt; ist die Verfahrenssprache Englisch, ist eine Übersetzung in eine beliebige Amtssprache eines EU-Mitgliedstaats erforderlich. Gerade für den deutschen Anmelder können sich somit in dieser Übergangszeit Konstellatio­nen ergeben, in denen die Übersetzungskosten für das Einheitspatent höher als für das Europäi­sche Patent sind.

Mit Beschluss vom 13.02.2020 hat das Bundesverfassungsgericht das Inkraftreten des Übereinkommens zum Einheitlichen Patentgericht zunächst gestoppt.

Weitere Einzelheiten finden Sie in unseren NEWS 01/2013 

Informieren Sie sich näher im Leitfaden zum Einheitspatent (EPA)